Aus Originalkommentaren Eva Pawliks
Zur Geschichte des österreichischen Paarlaufs
Wenn es einem Paris gefiele, im Eiskunstlauf einen goldenen Apfel für die Ästhetik und Schönheit der Bewegungen zu verschenken, so müsste er für das Paarlaufen einen ganzen Obstladen haben.
Im Paarlauf war Österreich einmal eine Weltmacht. Wir haben einmal Weltmeister gehabt wie Engelmann/Berger, Engelmann/Mejstrik, Szabo/Wrede und Scholz/Kaiser. Dem silbernen Zeitalter gaben dann Gaillard/Petter - Will Petter ist der Schöper der Wiener Eisrevue - Papez/Zwack und das Geschwisterpaar Ilse und Erik Pausin ihr Gepräge.
Der letzte Glanzpunkt einer vergangenen Ära waren dann Sissy Schwarz und Kurt Oppelt, die im Jahre 1956 Europameisterschaft, Weltmeisterschaft und Olympische Spiele gewannen. Von da an, um mit Hildegard Knef zu sprechen, ging´s bergab ...
Bei der WM 1968 - Kür der Herren
Nach der Kür Emmerich Danzers (Österreich)
Jetzt beginnen natürlich ein paar schreckliche Minuten: das Zittern vor der Wertung. Wie haben sich die Preisrichter entschieden? Geben sie Emmi den Vorrang, hat er die Majorität (Anmerkung: der ersten Plätze) bekommen oder.... nein, an das Oder will ich überhaupt gar nicht denken. Emmi hat drei große Konkurrenzen heuer bestreiten müssen (Anmerkung: Europameisterschaften, Olympische Spiele, Weltmeisterschaften) - natürlich die anderen auch, nicht nur er - , aber er lief alle drei Male fehlerfrei sein (Kür)Programm, und das soll ihm einmal einer nachmachen.
Das Unrecht von Grenoble (Anmerkung: Danzer wurde bei den Olympischen Spielen unterbewertet, was ihn die Bronzemedaille kostete) ist doch irgendwie wieder gut gemacht. Emmi Danzer ist das dritte Mal Weltmeister geworden.
Bei den Olympischen Spielen 1968 - Kür der Damen
Zur Kür von Janet Lynn (USA)
Janet Lynn ist zwar hier das erste Mal international am Start, aber sie ist uns trotzdem nicht unbekannt. Sie war voriges Jahr bei der Weltmeisterschaft in Wien bei einem Schaulaufen; und zwar war sie im Vorjahr in Davos zum Training und weil das gar nicht weit war, kam sie nach Wien, um ihre Künste - man kann wirklich sagen: Künste! - zu zeigen. Wir waren alle sehr sehr beeindruckt von dem Können dieses damals 13jährigen Mädchens.
Ihre Kondition ist einmalig, sie ist im Training ihr Programm dreimal hinter einander durchgelaufen - bedenken Sie, das sind 12 Minuten und eine Herrenkür dauert nur fünf -, ohne irgendwelche sonderlichen Ermüdungserscheinungen zu zeigen.
Das Schöne bei dieser Läuferin ist ihr Stil. Wir haben schon einige junge Läuferinnen gesehen, die technisch hervorragend waren, denen aber die Reife und die Ausstrahlung fehlten. Und hier bei dieser 14jährigen sind diese Eigenschaften bereits 90 %ig da. Vielleicht ist Peggy Fleming ihr großes Vorbild, denn auch diese Läuferin läuft ausgesprochen flüssig.
Sie unterspielt fast ein bisschen im Gegensatz zu anderen, die ihre Hände zu Hilfe nehmen (Anmerkung: um technische Schwierigkeiten zu bewältigen).
Zur Kür von Gaby Seyfert (DDR)
Doppelter Rittberger. Es ist zu verstehen, dass sie heute den dreifachen nicht gebracht hat im Gegensatz zu ihrer Kür in Schweden (Anmerkung: wo die EM stattgefunden hatte), denn Erste kann sie nicht mehr werden nach diesem großen Punkteabstand (Anmerkung: zu Peggy Fleming in der Pflicht) und Dritte kann sie praktisch auch nicht mehr werden, außer es passieren ihr ganz ganz grobe Fehler, was man ja nicht annimmt.
Obwohl sie hier in Grenoble (Anmerkung: nach der Pflicht) am zweiten Platz, also vor Hanna Maskova, der Europameisterin, liegt, kämpft sie lange nicht so wie in Schweden. Sie ist auch nicht so in dieser Hochform. Es scheint wirklich so zu sein, dass ein Vorsprung belastend wirkt; jedenfalls hat Hana Maskova dies in Schweden behauptet und gesagt, sie ist deshalb nicht so großartig gelaufen wie in Wien, weil ihr dieser Vorsprung, der auch so haushoch war, in den Beinen lag.
Bei den Olympischen Spielen 1972 - Kür der Damen
Zur Kür von Isabelle de Navarre (Deutschland) - Vorankündigung der großen Chance Trixi Schubas, Gold zu gewinnen
Im Bild die Deutsche, Isabelle de Navarre. Das Mädchen aus Bad Tölz ist 15 Jahre alt, noch Schülerin und ist Zweite der Deutschen Meisterschaft. Allerdings hat sie die Bayrische Meisterschaft gewonnen und dabei Schanderl, die Deutsche Meisterin, entthront. Aber bei der Deutschen Meisterschaft lief es nicht so gut. Was Sie jetzt gesehen haben, war ein sehr schön gesprungener Doppelaxel. Isabelle de Navarre in einem roten Startkleid - für jene Damen und Herren, die kein Farbfernsehgerät zu Hause haben.
Ich hoffe ja, dass die Eislauffreunde sehr stark vertreten sind vor dem Fernsehapparat, denn wir wollen doch alle Trixi Schuba gewinnen sehen, unsere Europa- und Weltmeisterin, die in Sapporo bereits mit einem ganz enormen Vorsprung nach der Pflicht führt und der kaum etwas passieren kann, dass sie die Goldmedaille noch verlieren könnte. Da müsste es wirklich mit dem Teufel zugehen, wie man so schön sagt, und wie sie gesagt hat in einem Interview: Sie müsste in der Badewanne ertrinken.
Zur Kür von Janet Lynn (USA)
Janet Lynn ist eine Fast-Polin, möchte ich sagen. Sie heißt eigentlich Novicka - ihre Eltern stammen aus Polen. Einwärtsaxel und ein doppelter daran, eine sehr hübsche Sprungkombination. Sie springt wie eine Feder. Sie hat keine (sichtbare) Vorbereitung für die Sprünge: Es gibt kein "Ho-Ruck" bei dieser Läuferin, das macht ihr Laufen so gefällig. - (Nach einem Sturz bei der eingesprungenen Sitzpirouette:) Naja, also das hätte natürlich nicht passieren dürfen bei einer Läuferin dieses Formats, da hat nur Spannung gefehlt, und der Spielfuß ist ihr weggerutscht. -- Ja, ich wollte sagen, dass sie eigentlich Novicka heißt - als sie sechs Jahre alt war, hatten die Eltern die Idee, den Namen auf Lynn zu ändern, für den Fall, dass ihre Tochter Janet einmal eine Revueläuferin bzw. ein Revuestar werden sollte - und anscheinend haben sie recht getan.
Das war eine ganz große Kür, sie war nicht fehlerfrei, es war ein Sturz bei dieser eingesprungenen Sitzpirouette, und es waren ganz kleine Unebenheiten, die - glaube ich - der Laie gar nicht gesehen hat, da sie als ganz große Könnerin, da sie als wirklich großartige Läuferin das so wunderbar überspielt - und dazu gehört ja auch sehr viel Können.
Sie ist die eindeutig beste Kürläuferin. Diese Musikalität und dieses Schwerelosigkeit ist das Schöne am Laufstil von Janet Lynn. Man hat nie das Gefühl, dass sie sich anstrengt. Sie perlt praktisch die Schritte und Sprünge nur so aus ihren Beinen heraus. Viele sagen: Das schaut ja alles so einfach aus. Aber das ist ja eben die ganz große Kunst. Nur die ganz großen Eisläufer und Eisläuferinnen können eben ihr Programm so servieren, dass der Laie meint: "Ja, da ist ja gar nichts dahinter."
(Zur Wertung mit einer Höchstnote 6.0 in der B-Note:)
Also 6.0 in der Ausführung, da weiß ich nicht, ob das richtig ist. Nach einem Sturz dürfte man nicht die 6.0 ziehen. Da hätte ich die 6.0 eher beim Inhalt (Anmerkung: für die A-Note) gezogen, denn der Inhalt war großartig, und da lässt sich ja der Sturz subtrahieren, denn der Sturz hat ja mehr oder weniger nur mit der Ausführung zu tun.
Zur Kür von Sonja Morgenstern (DDR)
Dreifacher Salchow. Das ist die einzige Frau, die einen Dreifachen springt. Zur Zeit. Denn Gaby Seyfert, wenn Sie sich vielleicht erinnern, sprang einen dreifachen Rittberger. Nicht immer. Aber sie konnte ihn. Und sie ist ihn bei manchen Europa- und Weltmeisterschaften gesprungen. Immer nur dann, wenn sie ihn gebraucht hat.
Sie läuft hier genauso wie in Göteborg (Anmerkung: wo die EM stattfand) in ihrem grünen Startkleid. Vielleicht ist sie ein bisschen abergläubisch: Dort ging es so gut, also hat sie das selbe Kleid auch hier angezogen.
Sonja Morgenstern ist Achte nach der Pflicht. Siebente ist Charlotte Walter und Sechste Rita Trapanese. Die Abstände sind 19, 47 und 52 Punkte. Das bedeutet, Morgenstern müsste zwei Zehntel oder vier Zehntel mehr haben in der Kür, um diese Läuferinnen zu überholen - und eventuell noch Susi Almassy, aber da ist der Abstand doch schon ziemlich groß.
Doppellutz. Sehen Sie, das war großartig. Sie war schief in der Luft - und trotzdem hat sie den Sprung tadellos abgefangen.
Sonja Morgenstern war schon in Grenoble bei den Olympischen Spielen dabei, als kleines Mädchen, sie wurde 28. in Greonoble. Aber sie fiel damals schon auf. Man sprach zwar von "Kinderbeihilfen" bei den Noten, denn sie war natürlich der Liebling der Preisrichter und des Publikums in Grenoble. Aber diese Beihilfen hat sie jetzt nicht mehr notwendig: Sie ist eine ganz ganz große Kürläuferin geworden.
Im Bild mit ihrer Trainerin, Jutta Müller, der Mutter von Gaby Seyfert. Viele Leute sagen, Morgenstern ist ein Abklatsch von Gaby Seyfert. Ich finde das gar nicht. Sie hat einen ganz anderen Laufstil. Sie hat einen viel ausgeglicheneren für ihre Jugend. Gaby war schon viel älter, als sie diese frauliche Art und diese wirklich große Ausstrahlung bekam.
Warum 5,7? Sie ist immerhin einen Dreifachen gesprungen und alle Doppelsprünge waren tadellos.
Zur Kür von Trixi Schuba (AUT)
Trixi Schuba, die nach ihrer Pflicht, die sie ganz grandios aufs Eis gelegt hat, einen enormen Vorsprung hat. Sie hat einen Vorsprung von 118,5 Punkten auf die Zweite, July Holmes, von 141,3 auf die Dritte, Karen Magnussen, und von 172,4 auf die Vierte, Janet Lynn. Also was kann Trixi Schuba noch passieren?
Das hätte der Doppelrittberger werden sollen - das war ein einfacher. Aber ihr Trainer hat ja schon vorher gesagt: Wir riskieren nichts, wir laufen auf Nummer Sicher, denn bei diesem Pflichtvorsprung wollen wir uns einen eventuellen Sturz nicht leisten. Wir wollen das Risiko nicht eingehen, und damit hat er vollkommen Recht. Möglicherweise hat er da auch diesen doppelten Rittberger gestrichen. Oder er kommt noch später, wir werden ja sehen.
Es ist ein Zufall, dass Trixi auch hier die gleiche Startnummer hat, also die Startnummer hinter Morgenstern - in Göteborg war es dasselbe, und alles hat davor gezittert: ja - um Gottes willen - gerade hinter der Kürbombe muss unsere Trixi laufen! Aber es ging in Göteborg recht gut, und wir hoffen, dass es in Sapporo auch gut gehen wird. Und es hat ja den Anschein, sie läuft ganz ruhig, ohne Nervosität - das war ein doppelter Toeloop - es trennen sie - Doppelsalchow - wirklich nur mehr zwei Minuten von der Goldmedaille.
Sie wissen ja, meine Damen und Herren, dass sich Trixi Schuba heuer vom aktiven Eissport verabschieden wird. Sie wird noch in Calgary bei den Weltmeisterschaften starten und sich dann vom aktiven Sport zurückziehen. Möglicherweise wird sie noch Trainerin oder sie geht zu einer Revue. Aber das steht ja in den Sternen. Sie hat vollkommen Recht, denn sie hat die momentanen Gesetze, die die ISU ausgearbeitet hat, für sich ausgenützt. Sie wissen ja, dass Pflicht zu Kür 50:50 steht - und das nützt Schuba aus - und wer würde das nicht tun? Im kommenden Jahr werden ganz andere Regeln gelten. Es wird die Pflicht nur mehr 40% gelten mit nur mehr drei Pflichtfiguren, dann wird es eine Pflichtkür geben, ähnlich wie bei den Paaren, die 20% gelten wird, und die Kür wieder 40%. - Das war ein Doppellutz, den sie bombensicher gestanden ist. - Das bedeutet also einen 40:60-Schlüssel zugunsten der Kür, und da sagt Trixi Schuba: "Das ist nichts für mich. Da gehe ich." Doppelflip. Aber der heutige Tag wird für sie eine Krönung sein, wirklich die Krönung bedeuten, die selten ein Eisläufer miterleben kann.
Bravo, Trixi Schuba. Ganz richtig gelaufen. Taktisch völlig richtig. Sie hat den doppelten Axel hinausgeworfen, oder wahrscheinlich ihr Trainer, Poldi Linhart, und den doppelten Rittberger hat sie auch weggelassen - und das muss genügen bei diesem ganz enormen Vorsprung. Und das bedeutet: Die sicherste Goldmedaille Österreichs bei diesen Olympischen Spielen, die Goldmedaille im Eiskunstlauf der Damen, für Trixi Schuba! Und das ist natürlich ein ganz ganz enormer Erfolg für die zwanzigjährige Wienerin, die im Holzgeschäft ihrer Mutter arbeitet und die immerhin 16 Jahre fleißig trainiert hat.
Eine sehr hohe Wertung für unsere Gold-Trixi. Das ist die erste Goldmedaille seit dem Jahre 1924 im Einzellauf der Damen. Damals hat Frau Herma Szabo-Jarosz - ich begrüße Sie damit herzlichst, Frau Szabo - Gold für Österreich gebracht. Seit dieser Zeit ist es keiner Österreicherin gelungen, ganz am obersten Stockerl zu stehen. Wir haben zwar Silber und Bronze erringen können, aber keine Goldmedaille.
Damit können wir unserer Trixi Schuba herzlichst gratulieren.
WM 1971 Kür der Paare
Zur Kür von Rodnina/Ulanow (UdSSR)
Es führt zwar das Paar Smirnova/Suraikin, die Zweiten der Europameisterschaft, vor den Titelverteidigern Rodnina/Ulanow, ganz berechtigt, denn gestern bei der Pflichtkür haben Irina Rodninan und Alexej Ulanow nicht Schönes gezeigt. Sie haben die ersten zwei Elemente großartig vorgetragen, und dann war es plötzlich aus. Beim doppelten Toe-loop hatte Alexej Ulanow eine halbe Drehung zu wenig, er landete auf Vorwärts-Einwärts: Er machte den typischen Dreier danach, sie kamen aus dem Rhythmus; es war wirklich nicht sehr schön. Die Doppelwaage war total verwackelt. Und obwohl Irina Rodnina und Alexej Ulanow gestern mit der Startnummer 1, der ominösen Startnummer 1, liefen, hatten sie eine recht passable Wertung, allerdings waren einige 5,6 auch dabei. Und ihre großen Konkurrenten aus der Sovietunion, Ludmilla Smirnowa und Andrej Suraikin, mit Startnummer 3 liefen fehlerfrei und hatten lauter 5,8 - mit Ausnahme von zweimal 5,7 - und liegen nun einstimmig am ersten Platz. Aber nun zu den Titelverteidigern am Eis: Irina Rodnina und Alexej Ulanow.
Die beiden waren vor der Konkurrenz ganz entsetzlich nervös, sie sprachen nicht mehr mit einander. Man kann sich vorstellen, was jetzt in diesen beiden Läufern vorgeht. Sie wissen ganz genau: Ein "Kickser", eine verhaute Figur - immer unter der Voraussetzung, dass Smirnova/Suraikin tadellos laufen - kostet sie womöglich den Titel. Unter diesem Stress zu laufen ist keine Kleinigkeit.
Ich möchte sie noch einmal ganz kurz vorstellen. Sie sind 21 und 23 Jahr alt, kommen aus Moskau, sind oftmalige Europameister und Weltmeister und werden von Stanislav Shuk trainiert.
Rodnina/Ulanow müssen im Durchschnitt ein bis zwei Zehntel mehr als Smirnova/Suraikin bekommen heute abend, um den Weltmeistertitel erfolgreich zu verteidigen.
Au weh. Der Doppelaxel war von Irina Rodnina nicht ganz richtig gedreht, allerdings konnte sie ihn stehen.
Es ist ganz merkwürdig: Seit heuer laufen sie nicht mehr so bombensicher, wie wir das von ihnen gewöhnt sind. Und Irina ist nicht mehr so unbekümmert. Das war ihre große Stärke: ihr enormes technisches Können. Sie ist ja Einzelläuferin gewesen so wie ihr Partner - und sie war eine sehr, sehr gute Einzelläuferin - und sie haben sich da nach nur sieben Monaten Training erstmals international im Paarlauf vorgestellt - und eben ihr technisches Können war ihr großer Vorteil allen anderen Paaren gegenüber. Allerdings heuer, wie gesagt, ist diese Unbekümmertheit nicht mehr so groß.
Axel Paulsen auf beiden Seiten - einmal von links, einmal von rechts abgesprungen (Anmerkung: Pawlik hat diese beidseitige Ausführung von Sprüngen in ihren Kommentaren immer betont, war sie doch früher selbst dazu imstande gewesen - natürlich ohne diesen Umstand je zu erwähnen).
(Am Ende des Programms:)
Da kann man nur sagen: Die beiden können sich zusammenreißen. Sie haben sich konzentriert. Ihr Trainer Shuk hat ihnen in der Garderobe gesagt, ihr müsst zeigen, was ihr könnt. Bis auf diese eine Sache mit dem Doppelaxel war die Vorführung wirklich sehr gut. Es war vielleicht nicht so schwungvoll wie im Vorjahr.
Die A-Noten: Lauter 5.8 und 5.9 und eine 6.0. Die 6.0 kommt natürlich aus der Sovietunion.
Was das bedeutet, nach dieser nervlichen Anspannung diese Leistung zu erbringen, das kann wirklich nur einer so richtig erkennen, der selbst einmal da unten gestanden ist und weiß, wie einem die Nerven zusetzen können. Im Bild: Trainer Shuk und Dick Button, der wieder für die amerikanischen Fernsehstationen Interviews macht. Die B-Noten: Lauter 5.8 und 5.9. Die erste Note war also höher, ganz richtig, aber beide Noten waren hoch, und es war auch eine sehr gute Leistung der verteidigenden Weltmeister.
Nach der Kür von Melissa und Mark Militano (USA)
Abgesehen davon, dass sie sehr gute Eisläufer sind: Der doppelte Axel war traumhaft hoch. Sie brachten choreografische Neuerungen. Die meisten Paare, hört man, haben ihre eigenen Choreografen. Nicht nur die sportliche Note wird in den Vordergrund geschoben, sondern auch das Tänzerische. Das ist die Richtung im Paarlaufen, das lässt sich nicht mehr wegleugnen, dass eben Sport und Tanz, wie es auch sein sollte, zusammenwirken und ausgewogen sein sollten. Das eine ohne das andere ist eben wertlos.
Für den Inhalt: 5,5; 5,3 - no, das ist eigenartig, aus Ostdeutschland, 5,6 aus Großbritannien, 5,6 aus Frankreich, 5,6 aus USA, 5,6 aus Westdeutschland, 5,6 aus Österreich, 5,5 aus Polen, 5,6 aus der UdSSR. Hier eine Zeitlupenaufnahme von diesem bewussten Heber, wo sie auslassen, wo sie einen Moment ganz frei in der Luft schwebt. Ich finde, das ist ein ganz kreativer Einfall. Nun die zweite Note für die Ausführung - die ist auch nicht gerade hoch: 5,4 aus der Schweiz, 5,4 aus Ostdeutschland, 5,7 aus England, 5,6 aus Frankreich, 5,6 USA, 5,6 Westdeutschland, 5,6 Österreich, 5,5 Polen, und 5,5 aus der UdSSR. Das Publikum ist auch gar nicht einverstanden mit dieser Wertung.
Zitate aus einem Paarlauf-"Lehrfilm" (1971)
Die Preisrichter bewerten jede Pflichtkür zweimal, obwohl alle das gleiche laufen. Eine Note würde genügen, meint man in Österreich. Die ISU sagt aber: Duo cum faciunt idem, non est idem. Wenn mehrere das Gleiche laufen, dann ist das nicht dasselbe.
Doch nun zur Kür, den Übungen nach freier Wahl oder - auf Wienerisch gesagt - "a Hetz´". Zuerst die Todesspirale auswärts. Der Gentleman verwendet die Frisur der Dame zum "Eis-Kehren".
Die Todesspirale einwärts hat Ludmilla Protopopow kreiert. Alle plagiieren die beiden Russen, und bei jeder Einwärts-Todesspirale seufzt jemand: "Schade, dass sie nicht mehr dabei sind, die Protopopows."
Nicht nur in der Straßenverkehrsordnung, auch im Paarlauf gibt es Halteverbote. Hier wird bei dieser gedrehten Kerze eines gerade übertreten. Verboten ist auch dieser sogenannte Teller-Axel. Der junge Mann greift entschieden zu tief. Es geht nicht um die Moral, sondern man wollte nur die Akrobatik in Grenzen halten. Die Akrobatik kehrte aber nichts desto weniger durch ein "Hintertürl" zum Paarlauf zurück.
Hebefiguren mit Händchenhalten sind erlaubt. Mit diesem sogenannten Doppel-Lasso versucht man, hohe Noten einzufangen. Jetzt kommt gar ein dreifaches Lasso. Obwohl eindeutig Akrobatik, wird diese Hebefigur gewertet. Bitte Trommelwirbel: Der waagrechte Doppellutz, einhändig. Man ist versucht zu ergänzen: ohne Netz.
Falls Sie damals nicht in der Schule gefehlt haben: Erinnern Sie sich noch an en Prager Fenstersturz? Das hier ist Scharff/Bietaks Wiener Fenstersturz. (Anmerkung: Der Paarläufer Willy Bietak, der mit mehreren Partnerinnen lief, machte später in den Vereinigten Staaten als Produzent von Eisshows Karriere und wurde im Jahr 2010 in die World Figure Skating Hall of Fame aufgenommen.)
Dazu nimmt man am besten Kaviar und Krimsekt, das ist nämlich die Cerkessen-Pirouette. Auch die Einzelsprünge kann das Paarlaufen natürlich nicht entbehren. Die Geschwister Nemec zeigen uns nach einigen namenlosen Hupfern den Doppelsalchow.
Nach dem Motto "Einzelsprünge sind schwierig. Wie schwierig müssen erst aneinander gereihte Einzelsrünge sein?" sieht man immer wieder Sprungkombinationen. Hier wurden ein Axel, ein Euler und ein Doppelsalchow addiert - und gewissermaßen zum "Darüberstreuen" gibt es noch eine eingesprungene Waage.
Paarläufer benehmen sich zu ihren Partnerinnen zumeist ziemlich wegwerfend. Dabei kam der weggeworfenen Axel heraus, auch Schleuderaxel genannt. Auch der Lutz wird auf diese Weise verschleudert. Diesen Sprung nennt man: 1 1/2-Schleuderlutz. Die Meister wagen sich auch an schwierigere Probleme heran: Sie zeigen den Doppellutz zu Schleuderpreisen. Aber hätt´ ma´s net, so tät´ ma´s net: Der Eislauf-Räumungsverkauf geht weiter. Das ist sogar ein geschleuderter zweieinhalbfacher Lutz. Hoffentlich wird dem seligen Lutz nicht schwindlig beim Zuschauen.
Wieder eines der beliebten mixed pickles, bestehend aus Sprüngen und Pirouetten. Es handelt sich um mehr oder weniger namenlose Hupfer und die Sitzpirouette. Ein wichtiger Bestandteil jeder Paarlaufkür sind die Tanzschritte. Die Füße werden zum Quirl und schlagen Schaum. Das Haxeln steigert sich zum Furioso. Kaum zu glauben, dass es dabei kein Knöpfe in den Beinen gibt.